Donnerstag, 3. Oktober 2013

Gestern stand ich am Rande des Abgrunds, heute bin ich einen Schritt weiter

Heute ist der 23. Tag der deutschen Einheit. So alte Leute wie ich können sich noch an den Tag selbst erinnern. In Korea ist das heute etwas anders. Hier feiert man heute Gaecheonjeol (개천절), den Tag der Gründung Koreas im Jahre 2333 v. Chr., also vor 4346 Jahren. Der Legende nach hat König Dangun damals die erste koreanische Nation gegründet. Ob es davon noch Zeitzeugen gibt?
Der Legende nach wollte Hwanung, der Sohn des Himmelsherrn Hwanin einst auf der Erde leben. Er wurde am 3. Oktober 2457 v. Chr. auf den Berg Baekdu geschickt und gründete dort die Stadt Sinsi, die Stadt Gottes. Der Name des Feiertags Gaecheonjeol bezieht sich auf diesen Tag und heißt "der Tag, an dem sich der Himmel öffnete" bzw. "Tag des offenen Himmelstores". Hwanung brachte den Menschen Gesetze, Moral, Kultur, Medizin und Landwirtschaft.
Ein Bär und ein Tiger baten Hwanung darum, sie in Menschen zu verwandeln. Hwanung befahl ihnen hundert Tage lang in einer Höhle zu leben, das Sonnenlicht zu meiden und sich von Knoblauch und Beifuss zu ernähren. Schon bald gab der Tiger auf. Der Bär jedoch hielt durch und wurde in eine Frau verwandelt. Diese wurde aber bald traurig, da sie keinen Mann und keine Kinder hatte. Wie nützlich für Hwangung, der sie zur Frau nahm. Ihr gemeinsames Kind war Dangun Wanggeom. Dieser soll 2333 v. Chr. den Thron bestiegen haben und das Königreich Gojoseon (das alte Korea) gegründet haben.
Berge spielen also eine wichtige Rolle in der Legende. Was liegt da näher als zur Feier des Tages eine Bergwanderung zu machen? Daher geht es heute auf den Gwanaksan, den Hausberg unserer Uni. Den habe ich zwar schon einmal bestiegen, aber die anderen Deutschen noch nicht. Außerdem wollte ich mal eine andere Route ausprobieren.
So ging es mit dem Bus erstmal nach Sadang auf der anderen Seite des Berges. Hier startet heute unsere Tour auf den 629 Meter hohen Berg. Laut der Internet-Seite soll der Aufstieg von hier etwa zweieinhalb Stunden dauern. Am Ende wurden es fast vier Stunden. Ich bin ja schon einige koreanische Wanderwege gewohnt, daher hat es mich nicht erschreckt, dass wir auf alles andere als befestigte Wege gestoßen sind. Schon bald kamen etwas größere Steine, die man erklimmen musste. Aber auch alles kein Problem. Nach jedem Anstieg wurde man mit einem super Ausblick belohnt. Und dieser wurde mit jedem Meter besser.
Nach einer halben Stunde sahen wir schon einen ersten Gipfel. Manch einer dachte vielleicht schon, dass sei das Ziel. Aber es war eher der Gipfel, der den Blick auf den Gipfel verdeckt, von dem man den Gipfel sieht, auf den wir wollen. Aber es war ein schöner Ort für eine kleine Pause.
Weiter ging es über immer felsiger werdendes Terrain. Schon bald wurde aus der Wanderung eine kleine Kletterpartie. Das Springen über einen etwa ein Meter breiten und gut zwei Meter tiefen Abgrund verschweige ich mal gekonnt und erwähne lieber, dass nun immer öfter Seile und Ketten in den Felswänden verankert waren. Sicherheit geht nun mal vor! Kurz vor dem Gipfel hat uns noch eine kleine Überraschung erwartet. Eine kleine Steilwand, an der man sich entlang eines schmalen, in Stein gehauenen Pfades an Ketten entlang hangeln und hochziehen musste.
Nach fast vier Stunden waren wir dann auf dem Gipfel. Nach einer kurzen Pause ging es auch schon an den Abstieg. Kurz vor Sonnenuntergang kamen wir nach insgesamt sechseinhalb Stunden Wanderung endlich am Haupteingang der Uni an.
2013-10-03 Gwanaksan